265
und Frauen schnitten Verlandstücke vorschriftsmäßig zurecht, oder sie
strickten und nähten für die Soldaten. In den großen Niederlagen, die
kaum ausreichten, die zahlreichen Liebesgaben zu bergen, waren vom
Morgen bis zum Abend treue Frauenhände thätig, die geschenkten
Wäschegegenstände zu zählen und zu ordnen; andere arbeiteten an Näh-
maschinen, um die erforderlichen Hemden, Binden, Jacken u. s. w.
anzufertigen; noch andere nahmen die für die Soldaten eingehenden
Postsendungen entgegen, um sie zu ordnen, zu packen und auszuliefern.
Mit den Frauen wetteiferten in zahllosen Vereinen die Männer und
Jünglinge, sich dem friedlichen Dienste des Vaterlandes zu widmen.
Und während die Reichen große Summen hergaben, fehlte es keineswegs
an Armen, die in rührender Weise auch ihr Scherflein beisteuern wollten.
Selbst in Amerika und andern fernern Landern sammelten die dort
wohnenden Deutschen und sandten reiche Liebesgaben nach ihrem be-
drohten Vaterlande.
So stand in den ersten Tagen des August das ganze deutsche Volk
in seinem Kriegs- und Friedensheere gerüstet da, fest entschlossen,
das Vaterland gegen einen übermüthigen und ungerechten Angriff mit
Gut und Blut zu vertheidigen und die Noth des Krieges nach Mög-
lichkeit zu lindern.
37. Die ersten Siege bei Weißenbttrg, Wörth und
Saarbrücken - Spicheren.
(4. u. 6. August 1870.)
In wenigen Tagen waren die deutschen Heere marschbereit und
zogen auf Landstraßen und Eisenbahnen, Regiment auf Regiment, nach
dem Rhein und über'n Rhein. Habt Ihr sie gesehen, diese Infanterie,
Kavallerie und Artillerie mit ihren Kanonen? und gehört, mit
welcher Begeisterung sie sangen:
»Lieb Vaterland, magst ruhig sein;
Fest steht und treu die Wacht am Rheinl"?
Drei Armeen wurden zusammengezogen: die erste, der rechte
Flügel, 130,000 Mann stark, unter dem Oberbefehl des General
von Steinmeh, bei Trier bis Saarbrücken, — die zweite, das
Centrum, mit den Truppen des Königreichs Sachsen 140,000
Mann, unter Prinz Friedrich Karl, in der bayerischen Pfalz, — die
dritte, der linke Flügel, mit den süddeutschen Truppen 150,000
Mann, unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, an der Nordgrenze
des Elsaß.
Den Oberbefehl über das gefammte deutsche Heer führte König
Wilhelm als Bundesfeldherr. Nachdem derselbe in dem Ver-
trauen, daß an Gottes Segen alles gelegen ist, auf den 27. Juli einen
allgemeinen Bettag angeordnet hatte, begab er sich am 31. Juli nach
Mainz und erließ von hier aus am 2. August nachstehende Prokla-
mation'^) an die Armee:
Proklamation — Ausruf, Bekanntmachung.
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TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T141: [Armee Metz General Paris Schlacht August Mac Franzose Mahon Festung], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]
Extrahierte Personennamen: August August Friedrich_Karl Friedrich Karl Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm August
45
zu überliefern. Die richterlichen Beamten haben den eines Ver-
gehens Angeklagten in Untersuchung zu nehmen und nach Befund
freizusprechen oder zu verurtheilen. Schwerere Vergehen aber, Ver-
brechen, werden unter dem Vorsitze königlicher Richter vor Schwur-
gerichten verhandelt, welche aus unbescholtenen Bürgern bestehen, die
Geschworene genannt werden. Die Geschworenen haben nach Fest-
stellung des Thatbestandes über den eines Verbrechens Angeklagten
ihr „Schuldig oder Nicht schuldig" auszusprechen, worauf alsdann
die richterliche Verurtheilung oder Freisprechung erfolgt. Zurauf-
bewahrung der verurtheilten Verbrecher dienen die Zuchthäuser. —
Die Obrigkeit im Staate soll dem Unrecht, dem Bösen, wehren
und bildet daher den Wehrstand im weitern Sinne; aber der Wehr-
stand im eigentlichen Sinne ist die bewaffnete Macht, das
Militair, die Armee oder das Kriegsheer, welches aus dem
stehenden Heere und aus der Landwehr besteht. Jeder wehr-
hafte Preuße gehört 7 Jahre lang, in der Regel vom vollendeten
20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, zum stehenden Heere —
und zwar die ersten 3 Jahre bei den Fahnen, die letzten 4 Jahre
in der Reserve — und die folgenden 5 Lebensjahre zur Landwehr.
Die Kriegs-Marine (Kriegsflotte) in der Nord- und Ostsee ist
dazu bestimmt, die Gewässer und Küsten, sowie den Seehandel
zu schützen. Der Kieler Hafen und der Jahdebusen sind zu
Kriegshäfen bestimmt. Die gesammte Land- und Seemacht ist
dazu da, den Staat gegen Angriffe äußerer Feinde, sowie
gegen Aufruhr und Empörung im Innern zu schützen.
6. Ihrer Religion nach sind die Bewohner des preußischen Staates
Christen; doch leben zerstreut unter diesen auch etwa 314,000 Juden.
Die Christen unterscheiden sich nach dem Bekenntnisse ihrer
Religion in Evangelische und Katholiken. Die Mehrzahl, fast
2/3 der Bevölkerung, bekennt sich zur evangelischen, und y3 zur
katholischen Religion. Die Rheinprovinz, Westphalen,
Schlesien und die Provinz Posen sind überwiegend von Katho-
liken, dagegen die Provinzen Sachsen, Hessen-Nassau, Han-
nover, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Pommern und
Preußen" vorherrschend von Evangelischen bewohnt. Juden
wohnen in allen Provinzen, die meisten aber in der Provinz Posen.
7. An der Spitze des preußischen Staates und der gesammtcn
Verwaltung desselben steht als Regent, Fürst oder Landesherr
der König von Preußen: Wilhelm I. Da der König seinen Sitz
oder seine Residenz in Berlin hat, so ist diese Stadt die Haupt-
oder Residenzstadt des Staates. — Aus dem bisher Gesagten ist
leicht einzusehen, welch eine große bürgerliche Gesellschaft ein Staat
ist, und daß ein solcher unmöglich von einem Einzelnen, dem Könige
allein, verwaltet werden kann: und eben deswegen sind die im Vor-
hergehenden genannten Veranstaltungen und Beamten des
Staates nöthig, die alle ihre Amtsgewalt im Namen des Königs aus-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Sachsen Hessen-Nassau Schleswig-Holstein Brandenburg Pommern Posen Berlin
238
einen Aufruf zur freiwilligen Bewaffnung: „Das Vaterland ist
in Gefahr; Preußens Jugend rüste sich zum Kampfe!" — Da
loderte die Vaterlandsliebe in Hellen Flammen auf: Jünglinge und
Männer verließen Beruf und Familie, um das Vaterland zu befreien.
Am 28. Februar schloß der König mit dem Kaiser Alexander von
Nußland ein Bündniß, in welchem letzterer gelobte, die Waffen nicht
eher niederzulegen, bis Preußen in feinem früheren Umfange wieder
hergestellt sein werde. Am 16. März erfolgte Preußens Kriegs-
erklärung an Frankreich, und am 17. März erließ der König den denk-
würdigen Aufruf an sein Volk, der mit den begeisterten Worten schließt:
„Welche Opfer auch gefordert werden, ste wiegen die heiligen Güter nicht
auf, für welche wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn
wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte
entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz, unsere Unab-
hängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen andern Ausweg giebt es, als
einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang, weil
ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag. Mit Zuver-
sicht dürfen wir vertrauen, Gott und unser sesterwille werden unserer ge-
rechten Sache den Sieg verleihen, und mit ihm die Wiederkehr einer glück-
lichern Zeit!" —
Zugleich wurde die Errichtung der Landwehr verordnet. „Mit
Gott für König und Vaterland" — sollte ihr schöner Wahlspruch
sein, und mit demselben schönen Worte war wenige Tage vorher (am
10. März) der Orden des eisernen Kreuzes als Auszeichnung
für die Helden des Befreiungskrieges gestiftet worden.
38 Preußens und Deutschlands Erhebung.
(1813.)
Der Aufruf des Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm'slll.,
entflammte die Begeisterung für die Befreiung des Vaterlandes zu dem
herrlichsten Feuer. „Der König rief, und Alle, Alle kamen!"
Von Memel bis Demmin, von Cölberg bis Glatz regte sich unter
den Preußen nur eine Stimme, ein Gefiihl, das Vaterland zu retten,
Preußen und Deutschland zu befreien. Krieg wollten die Preußen,
dm Frieden fürchteten sie, weil er unter Napoleons Gewaltherrschaft
doch kein ehrenvoller geworden wäre. Krieg! Krieg! schallte es von
den Karpathen bis zur Ostsee, von dem Niemen bis zur Elbe.
Jünglinge, die kaum wehrhaft waren, Männer mit grauen Haaren,
Offiziere, die wegen Wunden und Verstümmelungen lange ehrenvoll
entlassen waren, Gutsbesitzer und Beamte, Väter zahlreicher Familien
und Verwalter großer Geschäfte, für jeden Kriegsdienst längst entschul-
digt, wollten sich doch selbst nicht entschuldigen; ja, sogar Jungfrauen
drängten sich unter Verkleidungen zu den Waffen. Alle wollten sich
üben, rüsten und für das Vaterland streiten und sterben.
Und was die Männer unter den Waffen thaten, das thaten die
Frauen durch Gebete, Ermahmmgen, Arbeiten, Sorgen und Mühen
ftrr die Ausziehenden, Kranken imd Verwundeten. Wer könnte ste alle
zählen, die Hab und Gut, Ohr- und Fingerringe opferten, um Frei-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander_von
Nußland Alexander Friedrich_Wilhelm'slll. Friedrich Cölberg Glatz Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschlands Deutschland Ostsee
232
wurde für 300,000 Thaler angekauft. Friedrich I. regierte als
König von 1701—1713 und hinterließ den Thron seinem Sohne:
33. Friedrich Wilhelm I., König von Preußen.
(1713-1740.)
Der König Friedrich Wilhelm I. war in mancher Hinsicht das
Gegentheil seines Vaters. Die kostspielige Pracht des Hofes, die
Friedrich!, eingeführt hatte, wurde von Friedrich Wilhelm I. abge-
schafft und die strengste Sparsamkeit eingeführt. An seiner Tafel und
in seiner Kleidung herrschte eine solche Einfachheit, daß seine Hofleute
sich über die Kargheit des Königs lustig machten. Er aber verwendete
die ersparten Summen zu bestem Zwecken und beschämte dadurch jede
Verleumdung. Er ehrte den Kriegerstand und wohnte fast täglich
den militärischen Übungen bei. Eine besondere Vorliebe hatte er
für große Soldaten, die er oft für bedeutende Summen kaufte. Sein
Leibregiment bestand aus Soldaten von riesenhafter Größe.
Einer seiner ausgezeichnetsten Generale war der Fürst Leopold von
Dessau, gewöhnlich der alte Dessauer genannt. Friedrich Wil-
helm vergrößerte den Staat durch einen Theil des Herzogthums
Geldern, Obergelderland (in der Rheinprovinz), und durch Stettin
nebst Vorpommern und den Inseln Usedom und Wollin.
Von seinem Sohne, dem Kronprinzen Friedrich, schien er für die
Größe Preußens nicht viel zu erwarten; der Knabe haßte den Zwang,
mit dem man ihn vom achten Jahre an zu militärischen Übungen
anhielt. Schon in seinem zehnten Jahre mußte er, trotz Wind und
Wetter, mit Tasche und Flinte Schildwacht stehen. Er aber
liebte Bücher und Musik mehr, als das Soldatenleben. „Der
Fritz", sagte der König einmal „ist ein Querpfeiferund ein Poet ge-
worden; er macht sich nichts aus den Soldaten und wird meine ganze
Arbeit verderben", und behandelte deshalb den Prinzen so strenge, daß
dieser den Entschluß faßte, nach England zu seinem Oheim Georg 1!.
zu entfliehen. Mit Hülse seiner Freunde Katt in Berlin und Keith
in Wesel sollte die Flucht von Wesel aus vor sich gehen (1730).
Aber sein Vorhaben ward aus seiner Reise nach den Rheinlanden ent-
deckt; er wurde auf Befehl des erzürnten Vaters vor ein Kriegsge-
richt gestellt und auf die Festung Küstrin in Arrest gebracht. Von
jetzt an nannte ihn der König nur den entlaufenen Fritz. Der
arme Katt wurde in Küstrin vor den Augen des Prinzen enthauptet.
Nach und nach söhnte sich der Vater wieder mit dem Sohne aus,
entließ ihn seiner Haft und schenkte ihm das Schloß Rheinsberg; er
schien den großen Geist zu ahnen, der in dem Prinzen wohnte. Der
König starb am 31. Mai 1740 und hinterließ seinem 28jährigen
Sohne Friedrich Ii. (geb. den 2. Januar 1712 zu Berlin) den
Thron, einen Schatz von neun Millionen Thalern und ein disciplinirtes,
geübtes Heer von 80,000 Mann.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Friedrich! Friedrich Friedrich Wilhelm_I. Leopold_von
Dessau Leopold Friedrich_Wil- Friedrich Friedrich Friedrich Georg Keith Fritz Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Obergelderland Rheinprovinz Stettin Wollin England Berlin Wesel Wesel Rheinlanden Schloß_Rheinsberg Berlin
264
behülflich zu sein, um die Sterbenden zu trösten, um für Beide Briefe
in die Heimath zu schreiben und viele andere Dienste zu leisten. Das
ist das stille Heer des Friedens auf dem Schlachtfelde, kenntlich
durch eine weiße Armbinde mit einem rothen Kreuz.
Sobald von Frankreich uns der Krieg erklärt war, rüstete sich
dieses stille Heer zu seinen Liebeswerken, allen voran die Johanniter
und Maltheser. Diese Orden sind Verbindungen von Männern, die
es schon in alten Zeiten für ihre Aufgabe hielten, Kranke zu bedienen
und zu verpflegen und zu diesem Zwecke Krankenhäuser zu errichten, die
sie theils selbst bedienten, theils leiteten*). Wie im schleswig-holstein-
schen und im böhmischen Feldzug, so wollten sie auch in diesem Kriege
ihre Hülfe den Kranken und Verwundeten zuwenden. Gleich beim Be-
ginn desselben meldeten sich mehrere hundert von ihnen zum Dienste
im Felde, und über 1000 Betten wurden in ihren Krankenhäusern für
die Verwundeten bereit gestellt. Diese Männer, theils ausgebildete
Krankenpfleger, theils junge Leute aus verschiedenen Ständen: Stu-
denten, Lehrer, Kaufleute, Handwerker, zogen nach einer kurzen Vor-
bereitung in einem Krankenhause und Unterweisung in der Verband-
lehre mit der Armee hinaus, um den im Kampfe verwundeten und ermat-
teten Soldaten Samariterdienste zu erweisen durch Pflege des Leibes und
Trost des bekümmerten Herzens. — Dazu kamen Hunderte von Feld-
diakonen, von Diakonissinnen und barmherzigen Schwestern,
die ebenfalls auf den Schlachtfeldern, besonders aber in den Laza-
rethen, die Verwundeten und Kranken bedienen und pflegen wollten.
Aber auch die ruhigen Friedensleute in der Heimath, die nicht mit
hinausziehen konnten, besonders die Frauen, regten ihre Hände, die
Noth des Krieges zu lindern. Am 18. Juli hatte die Königin August«
von Preußen, die Beschützerin des „vaterländischen Frauen-
vereins", folgenden Aufruf erlassen:
„Das Vaterland erwartet, daß alle Frauen bereit sind, ihre Pflicht
zu thun! Hülfe zunächst an den Rhein zu senden."
Am folgenden Tage forderte die Kronprinzessin Viktoria den Vor-
stand der unter ihrem Schutze stehenden „Jnvalidenstiftung" auf,
Sammlungen von Liebesgaben zu veranstalten, um damit die Tausende
von Frauen und Kindern, die während des Krieges ihrer Ernährer
beraubt sind, vor äußerer Noth zu bewahren. „Möge freie Liebes-
thätigkeit sich vereinen" — sagte die Kronprinzessin —, „um die An-
gehörigen derjenigen vor Entbehrung zu schützen, welche Gesundheit
und Leben für uns hinzugeben bereit sind."
Allenthalben traten sofort zahllose Vereine ins Leben, welche Gaben
sammelten für die zurückgebliebenen Familien einberufener Soldaten
und für die im Felde verwundeten und erkrankten Krieger. Alle Städte
Deutschlands wetteiferten mit einander — überall die Frauen voran.
Da saßen um den Familientisch neben der Mutter Mädchen vom zartesten
Alter bis zur Jungfrau und zupften Charpie; die älteren Tochter
""ft Siehe Ii. Asschti.'Iv. Seite 447.
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Extrahierte Personennamen: Viktoria
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Rhein Deutschlands
271
Am 2. Sept. telegraphirte der König an die Königin: „Die
Capitulation, wodurch die ganze Armee in Sedan kriegsgefangen
ist, ist soeben mit dem General Wimpffen geschloffen, der an Stelle
des verwundeten Marschalls Mac Mahon das Kommando führte.
Der Kaiser hat nur sich selbst mir ergeben, da er das Kommando
nicht führt und Alles der Regentschaft in Paris überläßt. Seinen
Aufenthalt werde ich bestimmen, nachdem ich ihn gesprochen habe in
einem Rendezvous*), das sofort stattfindet. Welch' eine Wendung
durch Gottes Führung!" — Bei dieser Zusammenkunft „beobachtete
der Kaiser eine ergebene, aber würdige Haltung." „Wir waren Leide"
— schreibt der König an die Königin — „sehr bewegt über dieses
Wiedersehen. Was ich Alles empfand, nachdem ich noch vor drei
Jahren Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht gesehen hatte, vermag
ich nicht zu beschreiben." —
In großmüthiger Herzensgüte wies der König dem Gefangenen das
schöne Schloß Wilhelmshöhe Lei Kassel als Aufenthalt an.
Durch die Capitulation von Sedan geriethen außer dem Kaiser
40 Generäle, 4000 Offiziere und 84,000 Mann in Gefangenschaft;
außerdem waren schon während der Schlacht 25,000 Mann gefangen
genommen und 14,000 Mann über die belgische Grenze gedrängt und
dort entwaffnet worden. Sämmtliche Adler der gefangenen Regimenter,
70 Mitrailleusen, 400 Feld-, 150 Festungsgeschütze und 10,000 Pferde
fielen den Siegern in die Hände.
Durch ganz Deutschland brauste ein Strom des Jubels und der Be-
geisterung, als die Siegeskunde von Sedan anlangte. Glockengeläute
und Böllerschüffe ertönten; die Geschäfte wurden geschloffen; die Jugend
stürzte freudigerregt aus den Schulen. In Berlin kletterten die
Jungen auf das Denkmal des „alten Fritz", schmückten den Helden
mit einem frischen Lorbeerkranz und gaben ihm eine deutsche Fahne in
die Hand. In vielen Orten gab man der Siegesfreude durch eine
Feier auf den Marktplätzen Ausdruck; die Häuser, mit Fahnen ge-
schmückt, wurden Abends erleuchtet und jubelnde Schaaren wogten,
die „Wacht am Rhein" singend, durch die Straßen.
Kaum war es 7 Wochen her, als der französische Übermuth den
grysen Heldenlönig Wilhelm in Ems zu beleidigen wagte — kaum
7 Wochen, als ein ganzes Volk trunken vor Eroberungssucht die Krieges-
fackel schwang und rief: „Rach Berlin!" — und jetzt —: die eine
Armee Frankreichs in Metz etngeschloffen und die andere — mit dem
Kaiser als Gefangene nach Deutschland abgeführt! — „Welch' eins
Wendung durch Gottes Führung!" —
»Aus Wilhelmshöhe — welch ein Lohnt
Erniedrigt sitzt Napoleon."
') Sprich: Raiigdehwuh » A»scmimenk»ust.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T141: [Armee Metz General Paris Schlacht August Mac Franzose Mahon Festung], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Wilhelm Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Sedan Mahon Paris Gottes Sedan Deutschland Sedan Berlin Rhein" Berlin Frankreichs Deutschland Gottes
i\t es, ihn nicht selbst pflegen zu können, wenn die schweren Wunden
seinen Transport in die Heimath unmöglich machen!
Bei dieser wehmüthigen Klage war es ein schöner Trost, zu wisten,
daß draußen auch für die Verwundeten und Todten gesorgt wird, daß
sie vom Kampfplatz aufgehoben, verbunden und gepflegt werden, ja
daß es den Sterbenden auch an liebevollem geistlichen Trost nicht fehlt,
daß die Todten — soweit es möglich — nach christlichem Gebrauch
begraben werden. Denn wo das bewaffnete Heer eine Schlacht ge-
schlagen hat, da ist auch das unbewaffnete, das stille Heer auf dem
Kampfplatze zu seiner Liebesarbeit gerüstet.
Die Schlacht hat begonnen! Die Erde erbebt unter dem Brüllen
des Kanonendonners. Dazwischen knattern die Flintensalven und das
Mitrailleusenfeuer. Pulverdampf hüllt die Kämpfer ein. Blitze, welche
dem Schusse vorhergehen, leuchten dazwischen. Hier und da — abseits
vom Kampfplatz — hat man den Verbandplatz errichtet; ringsherum
stehen bewegliche Feldlazarethe, „ in denen Leinenzeug und die
ärztlichen Instrumente liegen. Über ihnen weht die weiße Fahne
mit dem rothen Kreuz. Ärzte, Feldgeistliche, militärische
Krankenträger, freiwillige Krankenträger und-Pfleger: Jo-
hanniter, Maltheser, Diakonen, Diakonissinnen und barm-
herzige Schwestern stehen dabei, bereit, die Verwundeten aus dem
Gefecht zu holen, sie zu verbinden und zu erquicken. Von dem Ver-
bandplätze werden die Verwundeten in bereitstehenden Wagen langsam
weggefahren, dem nächsten Lazarethe zu.
Der Kampf ist zu Ende! Auf den weiten fruchtbaren Ebenen,
wo einst das Getreide goldig wogte, herrscht die Zerstörung. Ein ödes
Schweigen, nur durch das Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden
unterbrochen, lagert über dem Schlachtfelde, dessen Blutlachen überall
einen röthlichen Schein verbreiten. Hat der Kampf um ein Dorf herum
oder in demselben gewüthet, so liegen die Verwundeten und Todten in
den Gärten oder auf der Straße. Da ist es wiederum die Arbeit
des stillen Heeres, sie zusammenzutragen, sie in überdeckte Räume zu
schaffen, auf Stroh zu betten und dann den Ärzten zur weiteren Be-
handlung zu überlassen.
Unversehrt gebliebene Häuser und Scheunen, Schulgebäude und
Kirchen sind überfüllt mit Verwundeten, ja auf den Straßen und
freien Plätzen liegen dieselben in langen Reihen neben einander —
fortwährend kommen noch leichter Verwundete nachgehinkt, mit immer
neuen Lasten kehren die Wagen zurück — es scheint gar kein Ende
nehmen zu wollen.
Anerkennung, Ehre und Dank sei all den wackern Männern,
Jünglingen, Frauen und Jungfrauen dargebracht, welche hier
auf den Schlachtfeldern und in den Lazarethen mit eigener Lebensgefahr
Tag und Nacht unermüdlich thätig waren, den Verwundeten und Ster-
benden Samariterdienste zu erweisen! Anerkennung, Ehre und Dank
aber auck all den Vereinen in der Heimath, in Stadt und Land, welche
Haester»' Lesebuch für Oberkl. Simultan-Ausg. 18
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe]]
446
22. Das Rltterthum Lrn Mittelalter.
Anfänglich bestanden die Heere der Deutschen und der meisten übrigen
Völker Europas größtenteils aus Fußgängern. Die wenigen Neiter
trugen Helme und Panzer, ihre Waffen waren Lanzen und furcht-
bare Schwerter. Wegen dieser kostspieligen Rüstung konnten aber
nur die Reichen und Vornehmen zu Pferde dienen. Darum gab
der Reiterdienst eine Art von Ansehen und Adel. Um einen sol-
chen Vorzug zu erhalten und zu vermehren, war das ganze Leben des
Adels kriegerisch von Jugend auf. Körperliche Kraft und Ge-
wandtheit ging ihm über alles; von Jugend auf lernte der Adelige
ein wildes Roß tummeln und Lanze und Schwert mit Gewandt-
heit führen. Kein leichter Fußgänger konnte sich mit einem geübten
Reiter messen, der vom Kopfe bis zu den Füßen mit Eisen bedeckt
war. So machten in den damaligen Zeiten die Adeligen die vor-
nehmsten Krieger aus, und von ihrem Neiterdienst erhielten sie den
Namen Ritter. — Mit der Zeit bildeten die Ritter einen besonderen
Stand. Religion, Ehre, Tapferkeit und Hochachtung gegen das
weibliche Geschlecht waren die vier Haupttugenden der Mitglieder.
Zur Zeit der Kreuzzüge stand das Ritterthum in seiner schön-
sten Blüthe. Es bildeten sich, gleich den Mönchsorden, drei engere
Verbrüderungen der Ritter unter einander. Das waren die Orden
der Johanniter, der Tempelherrn und der Deutschen. Schon im
Jahre 1048 hatten Kaufleute aus Amalfi (in Unteritalten) in der
Nähe des heil. Grabes ein Kloster bauen lassen zur unentgeltlichen Auf-
nahme und Verpflegung armer und kranker Pilger. Als Gottfried
von Bouillon 1099 nach Eroberung der heil. Stadt dieses Spital
besuchte, wurde er von der hingebenden Treue der Mönche, die hier
ihr Leben der Krankenpflege widmeten, so gerührt, daß er der Stiftung
eines seiner Güter in Brabant zum Geschenk machte. Nun traten
einige Ritter seines Gefolges in das Kloster als dienende Brüder ein,
entsagten der Welt, verpflichteten sich zu den gewöhnlichen Kloster-
gelübden des Gehorsams, der Ehelosigkeit und der Armuth,
und bezeichneten ihre schwarze Ordenstracht mit einem achtspitzigen,
weißen Kreuze. Schnell verbreitete die Dankbarkeit heimkehrender
Pilger, die bei ihnen Aufnahme und Verpflegung gefunden hatten, ihren
Ruhm durch ganz Europa, und in allen Ländern wetteiferte die Mild-
thätigkeit der Frommen, durch reiche Gaben sich einen Antheil an diesem
Verdienste zu erwerben. Jetzt erhoben sich statt des armseligen Obdachs,
das die Brüder bisher zur Aufnahme bieten konnten, Paläste, und da-
neben wurde ein prächtiger Tempel zu Ehren des heil. Johannes des
Täufers erbaut, und die Brüderschaft führte von nun an den Namen
Johanniterordrn. — Ihre Güter mehrten sich bald in allen europäischen
Ländern, und sie selbst schlugen sich lange heldenmüthig mit den Türken
herum, bis auch sie der Übermacht weichen mußten. Sie ließen sich dann
auf der Insel Cypern nieder, und als sie auch hier vertrieben wurden, auf
der Insel Rhodus. Als sie aber endlich auch hier keine bleibende Stätte
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Gottfried
von_Bouillon Johannes
Extrahierte Ortsnamen: Europas Amalfi Brabant Europa Rhodus
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europäische Nationen, die auf die Engländer eifersüchtig waren, besonders die
Franzosen in ihr Jntereffe, wählten zu ihrem Anführer den berühmten.
Washington, einen reichen Pflanzer, der sich auf das Kriegswesen wohl verstand.
Die Colonisten standen den Engländern zwar an Ausrüstung und Kriegserfahrung
weit nach; aber sie übertrafen die von diesen in Sold genommenen fremden
Truppen, unter denen sich auch Deutsche: Hessen und Braunschweiger,
befanden, an Muth, Vaterlandsliebe, Begeisterung für die Freiheit und besonders
an genauer Kenntniß des Landes. Lange blieb der Kampf ohne Entscheidung;
aber als 1777 bei Saratoga der englische General von den Amerikanern um-
zingelt und zur Übergabe gezwungen, und 1781 ein zweites englisches Heer bei
Uorktown durch Washington gefangen genommen worden, und England kein
neues Heer zu senden hatte: da wurde im Frieden zu Versailles 1783 die
Unabhängigkeit der nordamerikanischen Freistaaten anerkannt. Seit diesem
Frieden hat der junge Freistaat staunenswerthe Fortschritte in der Bevölkerung
und im Wohlstände gemacht; denn Tausende und abermals Tausende sind aus
England, Irland, Frankreich und Deutschland nach der neuen Welt ausgewandert,
um sich dort im Lande der Freiheit und des Wohlstandes niederzulassen. Urwald
auf Urwald ist niedergesunken, Niederlassung auf Niederlassung entstanden, Städte
auf Städte sind angelegt und wunderbar rasch bevölkert worden, Provinzen auf
Provinzen haben sich gebildet. Die Zahl der verbundenen Staaten hat sich von
13 auf 38 schon vermehrt. An der Spitze dieses Bundesstaates steht ein Prä-
sident, der alle vier Jahre neu gewählt wird. Washington war der erste
Präsident — zu seiner Ehre wurde auch die Stadt gleichen Namens ge-
gründet und zur Hauptstadt des ganzen Freistaates und zum Versammlungsorte
des Congresses (Abgeordneten-Versammlung) erhoben.
Großen Einfluß auf das amerikanische Volk und seine Schicksale übte besonders
der berühmte Benjamin Franklin. Er war der Sohn eines Seifensieders. Da
sein Vater 17 Kinder hatte, so konnte er auf ihn, den jüngsten, nicht viel ver-
wenden, und bestimmte ihn auch zu seinem Handwerke. Attein dieses gefiel ihm
nicht, und er lernte bei einem Bruder die Vuchdruckerkunst. Nach mancherlei
Widerwärtigkeiten legte er eine eigene Buchdruckerei an und war unermüdet thätig,
dabei heiter und streng redlich. Dies verschaffte ihm das Zutrauen seiner Lands-
leute, die gern bei ihm Bestellungen machten und ihn unterstützten. In seinen
Feierstunden las er nützliche Bücher, und bald verfaßte er selbst kleine Schriften
für das Volk, welche gern gelesen wurden; dann gab er eine Zeitung heraus,
die große Abnahme fand. Durch tiefes Nachdenken und gründliches Forschen er-
fand Franklin den Blitzableiter, wodurch sein Name in ganz Europa bekannt
wurde.
Enaland wollte diesen Mann für sich gewinnen, und ernannte ihn zum Ober-
postmeister der amerikanischen Besitzungen; allein er blieb dennoch der Sache seines
Vaterlandes ergeben. Bei dem Ausbruche der Mißhelligkeiten zwischen England
und Amerika reiste er nach L ondon und vertheidigte hier die Rechte seiner Lands-
leute niit eben so großer Weisheit als Freimüthigkeit. Als er im Jahre 1776
wegen Abschließung eines Bündnisses mit Frankreich nach Paris kam, gerietst
die ganze Stadt in freudige Bewegung; jeder wollte den ausgezeichneten Ameri-
kaner sehen. Nicht selten saß der ehemalige Buchdrucker mit dem Könige zu.
Tische. Bei seiner Aufnahme in die Gelehrtenversammlung Frankreichs ward er,
als Erfinder des Blitzableiters und Befreier des Vaterlandes, mit dem eben so
schönen als wahren Verse bewillkommnet: „Dem Himmel entriß er den
Blitz, den Tyrannen das Scepter!"
Franklin starb, allgemein verehrt und bewundert, in seinem 81. Jahre. Merk-
würdig ist noch die Grabschrift, die er sich selbst setzte: „Hier liegt der Leib
Benjamin Franklins, eines Buchdruckers, als Speise für die Würmer, gleich dem
Deckel eines alten Buches, aus welchem der Inhalt herausgenommen, und der
seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist. Doch wird das Werk selbst nicht
verloren sein, sondern einst wieder erscheinen in einer neuen, schönern Ausgabe,
durchgesehen und verbessert von dem Verfasser."
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Extrahierte Personennamen: Muth Benjamin_Franklin Franklin Franklin Benjamin_Franklins
Extrahierte Ortsnamen: Washington Washington England Versailles England Irland Frankreich Deutschland Washington Europa England Amerika Frankreich Paris Frankreichs
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§ 26. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm.
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Brandenburg führte, wo die Soldaten furchtbar hausten, fo schloß sich der
Kurfürst nun an den König von Polen an. Diesem war dieser Beistand sehr
willkommen; deshalb erklärte er im Vertrage zu Wehlau (Pregel) 1657
die polnische Lehnshoheit über Ostpreußen für aufgehoben und gab dem
Kurfürsten außerdem Lauenburg und Bütow in Hinterpommern. Als dieser
Krieg durch den Frieden zu Oliva (bei Danzig) 1660 beendet wurde, da
erkannten alle Mächte den Kurfürsten als selbständigen Herzog von
Ostpreußen an.
5. Kampf mit den Ständen. Als der Kurfürst von den preußischen
Ständen (den Vertretern der Städte und des Adels), den Huldigungseid
forderte, verlangten diese die Anerkennung aller ihrer Vorrechte, die sie mit
List und Gewalt den früheren Fürsten abgerungen hatten. Davon wollte
und konnte aber Friedrich Wilhelm nichts wissen. Da die Stände sogar
mit Aufruhr drohten, so nahm der Kurfürst den Rädelsführer derselben,
den Bürgermeister Rode, gefangen. Einen alideren Wortführer der Unzu-
friedenen, den Oberst von Kalckstein, der nach Warschau geflohen war, ließ
er mit List daselbst gefangen nehmen und zu Memel hinrichten. In ebenso
entschiedener Weise brachte er sein landesherrliches Ansehen in Magdeburg
und in den Kleveschen Landen zur Geltung. So schuf er allmählich einen,
wenn auch viel zerteilten, doch einheitlichen Staat, in dem ein Wille
und ein Gesetz herrschte, in dem alle Bürger gleichartige Steuern trugen,
und in dem einerlei Münzen und Maß galten.
6. Krieg gegen Frankreich und Schweden. In Frankreich regierte
damals Ludwig Xiv., ein ehrgeiziger und verschwenderischer Fürst, der sein
Reich zum ersten in Europa erheben wollte und darum namentlich mit
Deutschland viele Kriege führte. Der Große Kurfürst trat ihm von allen
deutschen Fürsten am entschiedensten entgegen, als französische Heere deutsche
Gebiete furchtbar verwüsteten. Ludwig merkte bald, daß der Branden-
burger unter allen seinen deutschen Gegnern der gefährlichste sei; darum
bewog er die Schweden durch reiche Hilfsgelder, 1674 in Brandenburg
einzufallen. Diese hausten nun in dem armen Lande wie in den Zeiten
des Dreißigjährigen Krieges. Zwar scharten sich die treuen Bauern zu-
sammen und schrieben auf ihre Fahnen: „Wir sind Bauern von geringem
Gut und dienen unserm Kurfürsten mit Leib und Blut!" Doch vermochten
sie wenig auszurichten. Sobald im Frühjahr 1675 die Wege gangbar ge-
worden waren, zog der Kurfürst vom Main her in Eilmärschen nach Magde-
burg und warf sich bei Rathenow auf die Schweden, die ihn noch ferne
meinten. Sein Feldmarschall Derfflinger — früher ein Schneider und nach
und nach zu dieser hohen Stellung emporgestiegen — (Fontane: Der alte Derff-
linger— Lehmann: Das schönste Rittertum) — überrumpelte sie und schob sich
wie ein Keil zwischen die schwedischen Heere. Am 18. Juni kam es bei
Fehrb ellin (östlich von Havelberg) zur entscheidenden Schlacht. Der Kurfürst
ließ auf einer Anhöhe, die von den Schweden nicht besetzt worden war,
seine Geschütze auffahren. Er stürzte sich an der Spitze einer Reiterschar
ins dichteste Kampfgetümmel und rief den schon weichenden Soldaten zu:
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TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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TM Hauptwörter (200): [T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Ludwig Fontane Lehmann
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Polen Lauenburg Hinterpommern Danzig Kalckstein Warschau Magdeburg Frankreich Schweden Frankreich Europa Deutschland Brandenburg Main Eilmärschen Rathenow Schweden Havelberg